Bestand hat die Regelung bereits seit 2008. Trotzdem stellen viele Unternehmer oft eine Frage: Bringt mir Thesaurierung wirklich etwas? Oder ist die Ausschüttung der Erträge sinnvoller?
Betriebsformen für die Thesaurierung
Nicht immer werden Gewinne, die eine Organisation als Erträge aus ihrem Geschäftsjahr erzielt hat, dann auch unmittelbar dem Bestand entnommen. Oftmals bleiben die Beträge, die zum Beispiel durch Aktien erzielt worden sind, im Vermögen des Unternehmens enthalten.
Das trifft in etwa für folgende Formen der betrieblichen Organisation zu:
- Einzelunternehmen
- Gesellschaften von Personengesellschaften
- Persönlich haftende Gesellschaften
- Fondsgesellschaften
- Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft
- Gewerbebetriebe
Mit dem Vorgang der Thesaurierung, bei dem die von einem solchen Unternehmen erzielten Erträge weder ausgeschüttet noch ausgegeben werden, sorgt das Unternehmen selbst für eine Erhöhung seines Vermögens. Gerade für Fonds folgt daraus eine Erhöhung des Eigenwertes der Aktien. Ein Ergebnis, das auf den ersten Blick positiv wirkt. Mit genauerer Betrachtung der Materie kann die Thesaurierung aber auch Nachteile für die Dividenden des Unternehmens haben.
Die folgenden Ausführungen zeigen die Vor- und Nachteile einer Thesaurierung im Vergleich zur direkten Ausschüttung:
Video: Thesaurierenden oder Ausschüttenden ETF wählen? AktienMitKopf.de
Steuersatz in Bezug auf die Thesaurierung
Grundsätzlich gilt bei der Thesaurierung, dass nicht aus dem Firmenvermögen entnommene Erträge mit einem Steuersatz von derzeit 28,25 % zuzüglich dem aktuellen Solidaritätszuschlag besteuert werden.
Im Vergleich zu dem momentan gültigen Steuersatz hat diese Thesaurierungsbegünstigung erst einmal die folgenden Vorteile:
- Der Spitzensteuersatz liegt derzeit bei 42% bzw. 45%.
- Im Rahmen der Thesaurierung beträgt der Steuersatz nur 28,25% zzgl. SolZ.
- Im Entstehungsjahr des Gewinns führt das Verfahren zu einer Steuerentlastung.
Durchführung der Thesaurierungsbegünstigung
Um von dieser Thesaurierungsbegünstigung, die nach § 34a Einkommensteuergesetz geregelt ist, auch tatsächlich profitieren zu können, muss der steuerpflichtige Unternehmer jedoch selber aktiv werden und sich um die Thesaurierung seiner Erträge kümmern.
Dazu gelten die folgenden Punkte:
- Die Thesaurierung der Verträge wird nur auf Antrag angewendet.
- Der Steuerpflichtige selbst entscheidet, ob er das Verfahren anwenden möchte oder nicht.
- Die Thesaurierungsbegünstigung kann nur von natürlichen Personen beansprucht werden, also von Einzelunternehmer oder Mitunternehmern von Personengesellschaften.
- Entsprechende Erträge des zu berücksichtigenden Geschäftsjahres müssen dafür durch Bilanzierung gem. § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt werden.
- Wenn der Steuerpflichtige in einem Jahr mehrere Erträge aus mehreren Gewerbebetrieben oder aus mehreren Mitunternehmerschaften erwirtschaftet hat, entscheidet er selbst, für welche Dividenden aus welchem Betrieb der die Thesaurierung beantragen möchte.
- Auch bei Personengesellschaften kann das Verfahren angewendet werden.
- Dann muss der einzelne Mitunternehmer als Steuerpflichtiger lediglich einen Anteil von 10 Prozent oder mehr als 10.000 € an den gewinnbringenden Dividenden haben.
Ausnahmen die gegen eine Thesaurierung sprechen
Bevor ein Unternehmer einen Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung stellt, sollte er jedoch wissen, dass es dabei auch Aspekte gibt, unter diesen das Verfahren nicht angewendet werden kann.
Das sind die folgenden steuerlichen Punkte:
- Gewinne, für die der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG beansprucht wird.
- Eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG bei Betriebsveräußerungen oder Betriebsaufgaben.
- Gewinne im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Außerdem wirkt der Schritt der Thesaurierung sich häufig nur auf den ersten Blick als positiv aus. In der Praxis zeigt sich dann, dass es nicht immer zu einem Vorteil führen muss, wenn sich Unternehmen für die Wiederanlage ihrer Erträge entscheiden. Das hat vor allem den folgenden Grund: Sobald die in der Thesaurierung nicht entnommenen Dividenden dann zu einem späteren Zeitpunkt zur Entnahme kommen, verlangt der Fiskus dafür eine nachträgliche Versteuerung.
Diese wird grundsätzlich immer dann fällig, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
- Die Entnahmen übersteigen die Erträge bzw. den Gewinnanteil des Geschäftsjahres
- Es erfolgt eine Betriebsveräußerung oder eine Betriebsaufgabe.
- Der Betrieb oder der Mitunternehmeranteil wird in eine Kapitalgesellschaft eingebracht.
- der Betrieb wird durch einen Formwechsel von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt.
- Der Gewinn wird nicht mehr nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt.
Nachversteuerung im Rahmen einer Thesaurierung
In dem Fall, dass eine Nachversteuerung notwendig wird, erfolgt diese dann mit einem aktuellen Steuersatz von 25% zzgl. des Solidaritätszuschlages. Das folgende Beispiel macht deutlich, wie sich die Thesaurierung und die Nachverteuerung auswirken.
Dabei ist dieses die Grundlage:
In einem Einzelunternehmen wurde ein Gewinn von 150.000 Euro erzielt. Anstatt alle Erträge aus dem Unternehmensvermögen zu entnehmen, hat der Unternehmer diese als Wiedereinlage in einer Höhe von 100.000 Euro stehengelassen. Das bedeutet, dass der Steuersatz auf den Gewinn im Beispiel 42% betragen würde. Also stellt sich nun die Frage, wie sich die Steuerlast bei sofortiger Versteuerung oder bei Inanspruchnahme der Thesaurierung für das Unternehmen darstellt.
Die Antwort sieht so aus:
Einkommen | Steuern | |
Variante 1: Sofortversteuerung | ||
Steuerpflichtiger Gewinn | € 150.000,00 | |
darauf Einkommensteuer | € 63.000,00 | |
darauf SolZ | € 3.465,00 | |
gesamte Steuerbelastung | € 66.465,00 | |
Variante 2: Thesaurierungsbegünstigung | ||
Steuerpflichtiger Gewinn | € 150.000,00 | |
Inanspruchnahme Thesaurierungs- | ||
begünstigung | € 100.000,00 | |
verbleiben: | € 50.000,00 | |
darauf Einkommenssteuer | € 21.000,00 | |
darauf SolZ | € 1.155,00 | |
€ 22.155,00 | ||
Gewinn mit Thesaurierungsbegünstigung | € 100.000,00 | |
darauf Einkommensteuer | € 28.250,00 | |
darauf SolZ | € 1.554,00 | |
€ 29.804,00 | ||
gesamte Steuerbelastung | € 51.959,00 | |
nachversteuerungspflichtiger Betrag: | € 70.196,00 | |
Im Vergleich zwischen der sofortigen Ausschüttung und der Thesaurierung ergibt sich dann folgendes
Ergebnis für den Unternehmer in Bezug auf das angeführte Beispiel:
- Durch die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung spart der Unternehmer rund 14.500 €
an Steuern. - Bei einer späteren Nachversteuerung mit 25% Steuersatz zzgl. SolZ ergibt sich aber Folgendes:
nachversteuerungspflichtiger Betrag: | € 70.196,00 | |
darauf Einkommensteuer | € 17.549,00 | |
darauf SolZ | € 965,00 | |
€ 18.514,00 | ||
€ 18.514,00 | ||
daraus ergibt sich eine Steuerbelastung von insgesamt | € 70.473,00 |
- Die insgesamt gezahlte Steuer mit der Versteuerung aus der Thesaurierung beträgt nach dieser Berechnung dann also 70.473 €.
- Bei der sofortigen Versteuerung ergibt sich dann eine Steuerlast von 66.465 €.
- Es zeigt sich also, dass die Steuerlast mit der Thesaurierung am Ende rund 4.000 € höher ist.
Weitere steuerliche Aspekte der Thesaurierung
Wie das Beispiel zeigt, kann die Entscheidung für die Thesaurierungsbegünstigung im Gegensatz zu der sofortigen Ausschüttung der Erträge auch zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen. In der Thesaurierung besteht der angebliche Vorteil also erst einmal nur solange, wie der Unternehmer aus seinem höheren angelegten Vermögen nachträglich keine Erträge entnimmt. Dabei ist steuerlich auch zu bedenken, dass das Steuergesetz neben Überentnahmen der Erträge auch noch weitere Situationen beinhaltet, in denen Gewinne, die als ursprünglich begünstigt angesehen werden, als entnommene Beträge gelten.
Nach dieser Regelung müssen beispielsweise sämtliche Gewinne im Nachhinein doch noch versteuert werden, wenn ein Einzelunternehmen oder die Anteile an einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Dabei ist es in der Praxis unerheblich, ob die jeweilige Einbringung steuerneutral abgewickelt werden kann.
Video: Die Thesaurierung – Börsenlexikon von AktienMitKopf.de
Ausschüttung oder Thesaurierung bei Aktien
Neben dieser besonderen Variante der Thesaurierung gibt es für Unternehmer dann auch noch eine weitere Sonderregelung zu beachten. Das ist die Thesaurierung bei der Verwendung von Dividenden aus Aktien, die aus Investmentfonds entstanden sind.
Dabei gilt dann das Folgende: Werden Erträge, die in einem festgelegten Zeitraum als Gewinne erwirtschaftet worden sind, nicht an die Anteilseigner der Aktien ausgeschüttet sondern im Unternehmensvermögen bestehen gelassen, dann handelt es sich fachlich dabei um einen thesaurierenden Fonds.
Auch hier stellt sich die Frage, was ratsam ist: Hat der Unternehmer steuerlich mehr davon, wenn er die überschüssigen Zertifikate an sich und die weiteren Anteilseigner ausschüttet oder ist es steuerlich von Vorteil, wenn er die Erträge der Aktien im Rahmen der Thesaurierung in seinem Unternehmensvermögen stehen lässt. Darauf kann man nach Abwägung aller relevanten Aspekte die zwei folgenden Antworten geben:
- Thesaurierung der Dividenden
Die erwirtschafteten Erträge in einem Investmentfonds können einbehalten werden. Mit diesem Schritt wird ein deutlicher Zuwachs des Fondsguthabens erreicht, was auch aus dem Zinseszinseffekt entsteht. Diese bleibenden erwirtschafteten Erträge erhöhen damit dauerhaft das Fondsvermögen und permanent auch den Anteilwert. Ebenso bleibt die Anzahl der Anteile im Depot der Aktien über einen langen Zeitraum gleich. Aber Achtung: In diesem Fall ist die Frage einer Besteuerung zu klären, die generell auf erzielte Kapitalerträge fällig wird.
- Ausschüttung der Dividenden
Aus jedem Fonds erhalten die Anleger von Aktien jährlich immer ihre ordentlichen oder teilweise auch außerordentlichen Erträge. Das können zum einen Erträge aus Dividenden, Zinsen oder auch aus Mieteinnahmen sein. Oder zum anderen außerordentliche Erträge als Gewinne aus einem Verkauf von Wertpapieren oder Grundstücken. Bei ausschüttenden Fonds erzielt der Anleger sein steuerpflichtiges Einkommen am jeweiligen Auszahlungstag. Von daher wird die Abgeltungssteuer sofort einbehalten, was durchaus von Vorteil sein kann, wenn man dieses Verfahren mit der Thesaurierung vergleicht.
Steuerliche Freistellung im Fall einer Thesaurierung
Das liegt steuerlich daran, dass ein thesaurierender Fonds die Erträge aus den Aktien erst am Ende des Geschäftsjahres als steuerlich zugeflossen betrachtet und berücksichtigt. Die Finanzbehörden sprechen hier von „ausschüttungsgleichen Erträgen“.
In diesem Fall kann man aber eine Freistellung von der Abgeltungssteuer beantragen, wofür die folgenden Punkte gelten:
- Auf Antrag wird die Abgeltungssteuer bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags von 801 Euro pro Jahr nicht automatisch an das Finanzamt abgeführt.
- Der Freibetrag gilt zu gleicher Maßen für ausschüttende und thesaurierende Fonds.
- Bei einem thesaurierenden Fonds, der im Ausland Bestand hat, besteht keine Pflicht, dass die Abgeltungssteuer an das deutsche Finanzamt abgeführt wird.
- Bei der Abgeltungssteuer ist dann auch zu beachten, wann der Fonds die Einnahmen aus den Aktien als erwirtschaftet verbucht hat.
Vor allem aus dem letzten Punkt ergeben sich in der Praxis für ein Unternehmen, das in der Bildung von Vermögen auf mehrere Aktien setzt, auch unterschiedliche Termine der Ausschüttung. Dadurch kann die Frage, ob eine Ausschüttung der Dividenden oder eine Thesaurierung besser ist, in ein und dem selben Unternehmen sogar mehrfach im Geschäftsjahr anfallen.
Fachliche Hilfe im Falle einer Thesaurierung
Es ist von daher ratsam, einen Steuerberater oder Steuerhilfeverein zu Rate zu ziehen, welchen man unter den folgenden Links finden kann:
https://www.vdl-online.de/start.html
Vor allem wenn der Anteil der Aktien an dem Vermögen des Unternehmens umfangreich ist und man auf diesem Wege ein konstantes Vermögen aufbauen möchte, werden einem steuerliche Fachleute in der Regel zu der Thesaurierung raten. Wer jedoch regelmäßige Zahlungen aus seinen Aktien erwartet, der sollte sich für das Instrument der Ausschüttung entscheiden.
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